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Ein mit "Jude" beschmiertes Geschäft in der Innsbrucker Museumstraße, April 1938

Anschluss Tirols an NS-Deutschland und Judenpogrom in Innsbruck 1938

Die am 12. März 1938 einrückende Deutsche Wehrmacht wurde auch in Nordtirol stürmisch begrüßt - im abgelegeneren Osttirol erfolgte der Einmarsch erst mit einigen Tagen Verspätung. Die NS-Machtübernahme verlief rasch und effizient. Verhaftungen von vaterländischen Beamten und hohen Repräsentanten des "Ständestaats" erfolgten unverzüglich. Der Sicherheitsdirektor von Tirol, Anton Mörl, kam wie andere Exponenten des verblichenen "Systems" in das Konzentrationslager Dachau. Der alte Anschlusswunsch wurde von der NS-Propaganda im Sinne eines großdeutschen Vereinigungstaumels geschickt in den Vordergrund gestellt und Kontinuitäten zur Zeit von 1918 bis 1921 hergestellt, während man die wahren Interessen des Hitler-Regimes (Facharbeitskräfte, Bodenschätze, Devisen, ökonomische Ressourcen und geostrategische Überlegungen) verschwieg.

In Tirol verlief der "Anschluss" auf vier Ebenen: pseudorevolutionäre Machtübernahme von unten am 11. März, Intervention von außen durch die Hitler-Armee am 12. März, scheinlegale Machtübernahme von oben durch das österreichweit gültige "Anschluss"-Gesetz vom 13. März sowie nachträgliche pseudoplebiszitäre Legitimation: Die von Hitler am 10. April 1938 angesetzte Volksabstimmung erbrachte in Tirol ein Ergebnis von 98,9% "Ja", um auch hier der internationalen Öffentlichkeit die Rechtmäßigkeit der "Wiedervereinigung" Österreichs mit dem Deutschen Reich zu demonstrieren. Innervillgraten im widersetzlichen Osttirol hatte mit 73,3% Ja-Stimmer das niedrigste Ergebnis aller Gemeinden in Österreich.

Fortan gab es den "Gau Tirol" mit einer "Gauhauptstadt Innsbruck", als dessen Oberbürgermeister der aus Vorarlberg gebürtige Innsbrucker Rechtsanwalt Egon Denz fungierte. Osttirol wurde abgetrennt und als "Kreis Lienz" dem "Reichsgau Kärnten" überantwortet, während man Vorarlberg mit Nordtirol vereinigte, was zur Bezeichnung "Gau Tirol-Vorarlberg" führte.

Nach dem "Anschluss" überwogen zunächst noch Vorteile für die "Volksgenossen": Umschuldung der Bauern, Beseitigung der Arbeitslosigkeit im Kontext der boomenden NS-Kriegswirtschaft und stark zunehmender Fremdenverkehr aus Deutschland trugen zu positiver Stimmung bei.

Besonders rücksichtslos war das Vorgehen gegen die kleine jüdische Minderheit, die mit dem Pogrom in Innsbruck vom 9./10. November 1938 ein hohes Ausmaß an Brutalität und tödlicher Gewalt zu spüren bekam: Zahlreiche Verletzte und vier Morde gingen auf das Konto gezielt eingesetzter SS- und SA-Führer, die auf ausdrücklichem Befehl des Gauleiters Franz Hofer handelten.

Die weitgehende Erfassung und Einbindung der Menschen durch NSDAP, HJ, Arbeitsdienst, der totalitäre Führungsanspruch des Staates wie auch die ansteigenden Konflikte mit der Kirche ließen aber alsbald Kritik, Unmut und Widerstand aufkommen.

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