INDEX THEMEN GLOSSAR LANDKARTE ZEITACHSE SITEMAP SUCHE HILFE QUIZ  
Zeitgeschichte Übersicht 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
zum Vergrößern anklicken ..
Eine politische Manifestation des Ständestaates: Die Landesgedenkfeier im September 1934 in Innsbruck

Eine Videosequenz von der Landesgedenkfeier 1934 finden Sie auf der CD-ROM.

Politische Radikalisierung: Tirol in den 1930er Jahren

Eine politische Radikalisierung setzte Anfang der 1930er Jahre im Zuge der Weltwirtschaftskrise und mit dem Aufkommen der Nationalsozialisten im Zeichen des Aufstiegs von Adolf Hitler in Deutschland ein.

Auch in Tirol verschärfte sich die politische Situation. Die berüchtigte Höttinger Saalschlacht vom 27. Mai 1932 zwischen Schutzbündlern und Nationalsozialisten forderte einen Toten und dutzende Schwerverletzte. Am 16. März 1933 verbot die Landesregierung den Schutzbund. Die folgenden Gemeinderatswahlen am 23. April 1933 in Innsbruck brachten der NSDAP einen gewaltigen Zuwachs, 41,2% der abgegebenen Stimmen und - bei der Neuverteilung der Hälfte der Mandate - einen Zugewinn von neun Mandaten, was einem Erdrutsch gleichkam. Die Landesregierung wollte deshalb keine Landtagswahlen mehr riskieren und verschob den für April 1933 angesetzten Urnengang auf unbestimmte Zeit, was die Nationalsozialisten aufbrachte und die Stimmung weiter anheizte. NS-Anhänger übten nun auch politische Gewalt aus: Es folgten Attentate und Sprengstoffanschläge, worauf die NSDAP am 19. Juni 1933 österreichweit verboten wurde. Hitler antwortete mit der "Tausendmark-Sperre": nach Österreich Reisende mussten fortan diese Summe hinterlegen.

Bereits am 4. März 1933 war der Nationalrat von der Regierung Dollfuß aufgelöst worden. Im Zuge des Bürgerkriegs zwischen Bundes- und Heimwehr einerseits und Schutzbund andererseits vom 12. Februar 1934 - der in Tirol nur in Häring, Kirchbichl und Wörgl Gefechte zeitigte, die zu Verletzten führten, aber keine Todesopfer forderten - wurde auch die Sozialdemokratische Partei aufgelöst, die sich in Innsbruck passiv verhielt und relativ widerstandslos ergab. Es existierte keine linksrevolutionäre Gefahr in Tirol. Vielmehr hatte bereits vorher Ende Jänner 1934 die Heimatwehr durch Besetzung Innsbrucks geputscht, konnte sich mit ihren Forderungen nach mehr Mitsprache gegenüber der Landesregierung aber nicht durchsetzen.

Die Etablierung des autoritären Regimes des "Ständestaates" verlief nicht widerstandslos. Abgeordnete der Volkspartei widersetzten sich der "Selbstauflösung" des Landtages. Aber als das Regime einmal fixiert war, fand es durchaus Unterstützung. Die "Vaterländische Front", die ein Einparteiensystem repräsentierte, in dem auch die Volkspartei aufzugehen hatte, ließ allerdings politische Homogenität vermissen. Das neue politische System bejahten hingegen Bauern- und Arbeitsbund, der in Hans Gamper einen exponierten Fürsprecher des ständischen Gedankens hatte. Der Heimatwehr war die neue autoritäre Ordnung aber zu wenig weitgehend. Der "Ständestaat" konnte auch in Tirol nicht in vollem Umfang verwirklicht werden, zu kurz war die Zeit, zu bescheiden waren die Mittel, zu wenig durchgreifend die Methoden und zu schwach die Unterstützung in der Bevölkerung.

Zwischen Bauernbund und Heimatwehr bestanden erhebliche Spannungen, die 1936 mit ihrer Auflösung und Überführung in den Stand der Land- und Forstwirtschaft bzw. in die "Frontmiliz" endeten. Das gleiche Schicksal erfuhren auch die "Ostmärkischen Sturmscharen", ein Wehrverband Schuschniggs. Hingegen erfuhr die Habsburger-Nostalgie mit einem Aufschwung der Monarchistenbewegung in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre erhebliche Resonanz. Erzherzog Otto erhielt zahlreiche Ehrenbürgerschaften. Es gab über 200 "Kaisergemeinden" in Tirol.

Die politische Opposition setzte sich aus Linksgruppen und den illegalen Nationalsozialisten zusammen. Während erstere sehr bescheiden blieben, versuchten letztere durch Putsch am 25. Juli 1934 (dem Bundeskanzler Engelbert Dollfuß in Wien zum Opfer fiel) auch in Innsbruck die Macht zu übernehmen, was zwei Todesopfer forderte und scheitern sollte, zumal Mussolini als Schutzherr Österreichs auftrat. Städtisches Kleinbürgertum und universitäre Kreise (Professoren wie Studenten) sympathisierten weiter mit dem Nationalsozialismus. Im Zeichen der sich festigenden "Achse Berlin Rom" geriet Österreich in immer stärkere außenpolitische Isolation. Die wachsende Abhängigkeit Italiens von NS-Deutschland ließ Österreich seinen Protektor Benito Mussolini verlieren. Bundeskanzler Kurt Schuschnigg (1934-1938) versuchte mit einer Rede vom 24. Februar 1938 ("Rot-Weiß-Rot bis in den Tod!") das Steuer noch herumzureißen und verkündete während einer patriotischen Großkundgebung in Innsbruck am 9. März 1938 mit Andreas Hofer-Worten "Mander, 's ischt Zeit" eine Volksbefragung für den 13. März über die Unabhängigkeit Österreichs, die jedoch aufgrund zunehmender nationalsozialistischer Demonstrationen und Proteste im Land und massiven Drucks von außen durch NS-Deutschland abgesagt werden musste. Schuschnigg kapitulierte am Abend des 11. März und verabschiedete sich mit einer Rundfunkrede ("Gott schütze Österreich"). Der Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in der Nacht vom 11. auf den 12. März, begleitet von zahlreichem Jubel, führte zum "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich, der nicht nur das staatliche, sondern auch das Ende des Bundeslandes Tirol bedeutete.

Zurück ..